Der Zauber des Anfangs: Interview zum Dienstende mit Dr. Gert Hocke
Franzine Müller: Seit wann waren Sie an der HSF Meißen tätig und wie ist es dazu gekommen, dass Sie diesen Weg eingeschlagen haben?
Dr. Gert Hocke: Ich bin an der Hochschule seit dem 17. Februar 1992. Gegenwärtig wohl der dienstälteste Mitarbeiter und wenn ich ausscheide, sind das 33 Jahre und 4 Monate, die ich als Referatsleiter für Studienangelegenheiten hier gearbeitet habe. Davor war ich an der Pädagogischen Hochschule in Dresden tätig, habe dort auch ein Lehrerstudium absolviert, in der Fachrichtung Deutsche Geschichte promoviert und 1988 begonnen, an der Pädagogischen Hochschule Geschichtslehrer auszubilden. Die Pädagogische Hochschule ist 1990 in die Technische Universität Dresden integriert worden, was nach sich zog, dass eine ganze Reihe von Beschäftigten an der Pädagogischen Hochschule nicht mehr gebraucht wurden, weil die angehenden Geschichtslehrer dann in den Vorlesungen der Historiker gesessen haben. Dann habe ich mich umgetan und war froh, dass ich wieder eine Hochschule gefunden habe, an der ich tätig sein konnte. Man hat es immer mit jungen Leuten zu tun, man selber wird zwar älter, aber das Klientel, mit dem man es zu tun hat, bleibt so jung und frisch, wie es auch 1992 war.
Franzine Müller: Was war Ihr erster Eindruck, als Sie damals hier angefangen haben?
Dr. Gert Hocke: Der erste Eindruck war ein heilloses Durcheinander. Die Hochschule befand sich ja nicht an einem Standort. Der Fachbereich Allgemeine Verwaltung war eigentlich der einzige Fachbereich, der zu diesem Zeitpunkt in Meißen war. Nämlich in der ehemaligen LPG Hochschule, heutiges Landesgymnasium St. Afra. Die Sozialen waren zu dieser Zeit noch im Schloss Lichtenwalde untergebracht. Die Finanzer waren in Dresden, die Rechtspfleger in Radebeul. Es gab viel mehr Studenten als heutzutage. Es gab unendlich viele Professoren und Dozenten. Ursache dafür war, dass natürlich für diese sehr rechtswissenschaftlich geprägten Studiengänge der Sachverstand hier in Sachsen so kurz nach der Wende noch gar nicht da war. Das heißt also, es waren nahezu alle Dozenten aus Bayern und Baden-Württemberg, die in der Regel drei Tage in der Woche Lehrveranstaltungen durchführten. Und das zog natürlich nach sich, dass wegen des ständigen Wechsels der Dozenten der Planungsaufwand sehr hoch war. Die Studenten damals, die waren in der Regel so alt wie ich selbst. Ich war 32. Die übergroße Anzahl der Studenten war in demselben Alter, so zwischen 28 und 32. Das waren nämlich all die, die zu DDR-Zeiten angefangen hatten zu studieren und gemerkt haben, dass das was sie jetzt gerade noch studieren oder abgeschlossen hatten, ihnen keine Zukunft im Vereinten Deutschland bringt. Sie haben sich dann eben für ein nochmaliges Studium in Richtung Verwaltung oder Justiz entschieden. Hinsichtlich der Studienorganisation und der Prüfungen haben wir von der Hand in den Mund gelebt. Es gab auch keine Computertechnik. Es funktionierten keine Telefone. Da hatte nicht jeder Mitarbeiter ein Telefon am Arbeitsplatz. Es gab ein Schreibbüro, da konnte man mal etwas schreiben lassen. Aber das war auch irgendwie so ein wenig der Zauber des Anfangs. Es war nicht so viel geregelt. Man konnte einfach entscheiden und machen. Und da ist mal was schiefgegangen und Anderes ist gut gelaufen. So ging das los, es hatte schon einen gewissen Zauber. Es gab auch eine „Verbrüderung“ zwischen Verwaltung, Dozenten und Studenten. Zwei Professoren brachten oft Äppelwoi mit. Da wurden schon mittags um zwölf Gangfeste gefeiert mit Äppelwoi und so weiter. Für abends gab es auch eine Studentenkneipe, die nannte sich Monasterium. Da saßen alle bis früh am Morgen zusammen und haben mit den Studenten gefeiert.
Franzine Müller: Und wann wurden die Standorte dann letztendlich zusammengeführt?
Dr. Gert Hocke: Es bestand natürlich die Absicht, alle Fachbereiche in Meißen zusammenzuführen. Der damalige Kanzler, Werner Schnabel, war auf der Suche nach einem geeigneten Standort für eine neue Fachhochschule. Man war auf ein Grundstück unten an der Elbe gestoßen, dort sollte die neue Hochschule errichtet werden. Wir hatten bereits damit geliebäugelt, dass wir es ähnlich wie in Großbritannien mit dem Achter-Rennen auf der Themse machen. Mit unserem Standort an der Elbe hatten wir schon die Gründung eines Ruder-Clubs geplant, der dann die TU Dresden zu einem Wettkampf auf der Elbe herausfordern sollte.
Franzine Müller: Das klingt eigentlich nach einem ziemlich reizvollen Plan. Was nicht ist, kann ja noch werden…
Dr. Gert Hocke: Das hat sich dann aber leider alles zerschlagen, weil mittlerweile die Ingenieurschule Rudolf Diesel auf dem Campus, wo wir uns jetzt befinden, in die Berufsakademie in Riesa integriert wurde. Dann war dieser Campus leer. Da es eine staatliche Liegenschaft war, kam man natürlich ruckzuck darauf: Da könnte ja auch die Hochschule der öffentlichen Verwaltung einziehen. Und genau so ist es dann gekommen. Es wurde in Windeseile 1993 das Haus 1 voll saniert. In wenigen Monaten ging das über die Bühne. Und dann begann die Vereinigung der Fachbereiche hier auf dem Campus. In St. Afra waren wir, glaube ich, noch bis 1996. Auch die Gesamtverwaltung saß da oben. Die ersten, die auf den Campus gezogen sind, waren die Finanzer. Wenn ich mich recht erinnere, ist dann 1994 der Fachbereich Rechtspflege dazugekommen. Mitte der Neunziger kam dann die allgemeine Verwaltung und die Gesamtverwaltung dazu und 1999 der Fachbereich Soziales. Also 1999 war dann sozusagen die gesamte Fachhochschule hier zusammengeführt.
Franzine Müller: Wow, das ist sicherlich wahnsinnig spannend, die Entwicklung seit Beginn an mitbekommen zu haben und zu sehen, wie es jetzt ist.
Dr. Gert Hocke:Genau, es gibt natürlich auch sehr viele Filme und Fotos, wie die Liegenschaft damals ausgesehen hat. Am Haus 3 befanden sich 1992 noch Balkone, gegenüber von Haus 2 stand noch ein Konsum und dort, wo jetzt die Parkplätze sind, gab es eine große Werkstatt sowie die Mensa und gegenüber der Bibliothek stand eine alte Laborhalle. Das war schon alle ziemlich verfallen und die Liegenschaft wurde über die Jahre hinweg ein Schmuckstück. Irgendwann wurde alles weggerissen. 1997 ist die Bibliothek gebaut worden, da war vorher eine Kleingartensparte. Die alte Mensa und der Konsum wurden auch abgerissen, die neue Mensa und die Mehrzweckhalle sind dann 1999 entstanden und eingeweiht worden.
Franzine Müller: Und wie hat sich Ihr Werdegang und auch der der HSF Meißen von damals bis heute verändert?
Dr. Gert Hocke: Wir bekamen Mitte der Neunziger die ersten Computer ins Büro gestellt. Das waren noch ziemlich große Kästen. Die Bildschirme hatten noch einen riesen Hinterbau dran. Das waren eigentlich die Anfänge der Digitalisierung der Verwaltung, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Bis heute wurden mehr als 8.200 Studentinnen und Studenten als Absolventinnen und Absolventen in die Verwaltungspraxis und die Justiz verabschiedet. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre gab es dann auch eine größere Stabilität im Dozentenkreis. Es haben sich dann auch etliche Kollegen, die aus den alten Bundesländern waren, hier in der Umgebung niedergelassen. Mitte der 90er Jahre war weitestgehend auch der Aufbau der Verwaltung abgeschlossen. In der Hochschule waren auch zahlreiche ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ingenieurschule vertreten. Frau Scholz zum Beispiel, die in der Ingenieurschule das Wohnheim leitete, hat dann auch das Wohnheim der Hochschule übernommen. Frau Seltmann kam aus dem Prüfungswesen und hat dann auch das Prüfungsgeschäft für den Fachbereich der Allgemeinen Verwaltung übernommen. Auch Haustechniker sind von der Ingenieurschule gekommen, genauso wie Kolleginnen und Kollegen der ehemaligen LPG-Hochschule und der Pädagogischen Hochschule Dresden, so wie ich. Und dann wurden natürlich auch neue Leute eingestellt. Da gab es auch Einstellungen, die dauerten nur 24 Stunden. Zu einer Bewerberin bin ich sogar hingefahren, um zu fragen, ob sie gleich Montag anfangen kann, denn telefonieren konnten sie ja vergessen. Sie hat ja gesagt, ihren Arbeitsvertrag unterschrieben und dann ging es los. Sie ist jetzt immer noch bei uns an der Hochschule und erledigt die Studienorganisation am Fachbereich Rechtspflege. Dann hat sich im Jahr 2000 das Einstellungsverfahren für den Studiengang Allgemeine Verwaltung geändert. Vorher haben die drei Regierungspräsidien, die ja heute zur Landesdirektion Sachsen zusammengeführt sind, bis einschließlich 1999 im Auftrag des Freistaates alle Studenten für die Allgemeine Verwaltung eingestellt. Die Kommunen konnten sich dann an den „fertigen“ Absolventen bedienen. Das wurde 2000 geändert, der Freistaat hat nur noch seine eigenen Studenten eingestellt und die Kommunen mussten sich selbst kümmern und fortan auch Studiengebühren an den Freistaat abführen, zuletzt waren das für jeden Studenten 18.000 Euro für die drei Studienjahre. Das hat natürlich zu einem Aufschrei in der kommunalen Familie geführt, allerdings ohne Erfolg. Ein Erfolg, das war dann wieder so ein Umbruch, stellte sich 2018 ein, als die Ausbildungsoffensive geboren wurde. Es gab einen Kabinettsbeschluss, mit dem der Freistaat die Studierendenzahlen für die Allgemeine Verwaltung von sich aus erhöht und zumindest die Studiengebühren für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden abgeschafft hat, damit auch die kleineren Kommunen ausbilden. Darüber hinaus fördert der Freistaat für die kreisangehörigen Kommunen die Bezüge für die Studierenden zu 90 Prozent. Die Landkreise und die kreisfreien Städte müssen seit 2019 nur noch die Hälfte der Studiengebühren an den Freistaat abführen, die Bezüge müssen sie jedoch selbst zahlen. Einen weiteren großen Umbruch gab es in den Studiengängen Sozialversicherung, Sozialverwaltung und Allgemeine Verwaltung bereits 2011, als die Diplomstudiengänge auf den Bachelor umgestellt wurden. Da gab es einen ziemlich langen Prozess hinsichtlich der Frage, ob wir auf den Bachelor umstellen oder nicht. Das Ergebnis war, dass die Fachbereiche Rechtspflege sowie Steuer- und Staatsfinanzverwaltung beim Diplom geblieben sind und die Fachbereiche Allgemeine Verwaltung sowie Sozialverwaltung und Sozialversicherung den Umstieg zum Bachelor wagten. Und was noch besonders war: Wir hatten bereits einen Masterstudiengang Verwaltungsinformatik, den es heute aber nicht mehr gibt. Der startete 2009. Es hat sich dann allerdings herausgestellt, dass er zu spezialisiert war. Der Schwerpunkt lag schon auf der Informatik und so viele Interessierte gab es dafür auf Dauer nicht. Deswegen hat man dann 2012 angefangen zu überlegen, welches andere Profil man dem Masterstudiengang geben könnte. Der Masterstudiengang Public Governance wurde entwickelt, in der Struktur, wie er auch immer noch existiert. Da sind die Ersten 2016 immatrikuliert worden und seitdem hat der Studiengang auch immer ausreichend Bewerber gefunden.
Franzine Müller: Spannend! Knüpft denn unser Bachelorstudiengang Digitale Verwaltung an den damals entwickelten Master Verwaltungsinformatik an?
Dr. Gert Hocke: Ja, auch das war so eine Umbruchssituation 2020 mit der Einführung des Bachelorstudiengangs Digitale Verwaltung und der Gründung des fünften Fachbereichs, den es vorher nicht gab. Wir haben 2022 ein neues Fachhochschulgesetz bekommen und damit auch mehr akademische Freiheiten als Hochschule. Gegenwärtig ist man dabei, auch einen berufsintegrierenden Bachelorstudiengang Digitale Verwaltung einzuführen mit dem Ziel, dass dieser 2026 startet. Dann hätten wir zwei berufsintegrierende Bachelorstudiengänge und einen Master, perspektivisch vielleicht zwei weitere berufsbegleitende Master. Also die Hochschule befindet sich ständig in einem Weiterentwicklungsprozess und das wird auch nicht abreißen, wenn ich an KI denke. Das wird auch die Art und Weise des Studierens und auch die Verwaltungsarbeit gewaltig verändern. Und da ich selber nicht so IT-affin bin, bin ich froh, dass ich jetzt in den Ruhestand gehen kann und diesen Zauber nicht mehr mitmachen muss. Auch die Einführung von VIS.SAX, was ja für die Hochschule ein ziemlicher Umbruch auf dem Weg zum papierlosen Büro ist, auch das muss ich nicht mehr mitmachen. Ich habe in 33 Jahren Verwaltungstätigkeit über 30 Umzugskisten mit Ordnern gefüllt. Ja, da kommt einiges zusammen. Und die jetzt etwas Jüngeren, wie Sie, werden dann, wenn Sie mal in den Ruhestand gehen, kein Papier mehr aussortieren müssen, weil alles elektronisch abgelegt ist.
Franzine Müller:Nun aber nochmal zurück zu Ihrer Person. Wie war Ihr persönlicher Werdegang an der HSF Meißen?
Dr. Gert Hocke: Meine Stelle hieß von Anfang an so, ich bin als Referatsleiter für Studienangelegenheiten eingestellt worden. In den ersten Jahren war ich aber überwiegend für die Allgemeine Verwaltung tätig, was auch mit den verschiedenen Standorten der Fachbereiche zusammenhing. Hinzu kamen schrittweise fachbereichsübergreifende Themen, wie die Evaluierung, die Deputatsplanung und -abrechnung. Die Fachbereichsspezifika haben die Fachbereichsleitungen aber schon immer mit ihrer Studienorganisation erledigt. Ich war auch viele Jahre Pressesprecher der Hochschule und unterstütze mehr als 20 Jahre die Gremienarbeit in der Hochschule. Gemeint sind damit der Senat und der Hochschulrat.
Franzine Müller: Welche Ereignisse sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und warum?
Dr. Gert Hocke: Abseits vom normalen Hochschulbetrieb und den damit verbundenen Herausforderungen, gab es auch noch ganz andere Herausforderungen, die die Hochschule bewältigen musste. Es gab das Hochwasser 2002 und das Hochwasser 2013. Im Jahre 2002 war im Haus 1 der Keller mit Grundwasser vollgelaufen und damals befand sich die Bibliothek noch im Keller. In einer Hauruck-Aktion konnte der gesamte Bibliotheksbestand noch gerettet werden, bevor dort das Wasser eingedrungen ist. Darüber hinaus war das Seniorenheim Carpe Diem vom Hochwasser stark betroffen, sodass das gesamte Seniorenheim in das Haus 3 verlegt werden musste. Die ganze Pflegeeinrichtung befand sich dann hier im Haus 3. Da haben auch Mitarbeiter und Studenten beim Umzug geholfen. Unser Sportplatz war ein Teich geworden. Die Hochschule hat Spendenaktionen gestartet. Wir haben eine Hochwasser-CD aufgelegt und diese in der Mensa für 10 Euro als Erinnerung an dieses fürchterliche Ereignis verkauft. Die Spenden haben wir dann an Einrichtungen und Privatpersonen überreicht, die fürchterlich vom Hochwasser betroffen waren. Dasselbe „Schauspiel“ 2013. Wieder ist das Carpe Diem hier eingezogen. Wieder fürchterliches Hochwasser in Meißen. Auf der anderen Seite sind sie auf dem Theaterplatz mit dem Boot gefahren, so hoch stand das Wasser. Und eine weitere Herausforderung war die Flüchtlingskrise 2015. Wir mussten unser Wohnheim in Bohnitzsch abgeben, die Studenten mussten ausziehen, da eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet wurde. Da können Sie sich vorstellen, was für ein Aufwand das für uns war, denn die Studenten mussten ja irgendwo hin. Die Mehrzweckhalle musste geräumt werden und es sind Feldbetten für Asylsuchende aufgestellt worden. Als die Halle voll war, wurden auf dem Sportplatz Zelte aufgebaut und die Flüchtlinge wurden neben den Studenten und Mitarbeitern in der Mensa mitversorgt. Das war natürlich für den Hochschulbetrieb eine ziemliche Herausforderung. Das war eine organisatorische Meisterleistung, sowohl die Flüchtlinge als auch die Hochschule zu verpflegen. Der gesamte Studienbetrieb war dauerhaft beeinflusst, aber es hat alles gut funktioniert. Die Corona-Pandemie mit zwei Schließungen der Hochschule ist uns allen noch in Erinnerung. Es sind gute Beispiele dafür, wie hier alle zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen.
Franzine Müller: Gab es einen bestimmten Meilenstein, auf den Sie besonders stolz sind?
Dr. Gert Hocke: Den einen gibt es nicht. Spannend war es immer dann, wenn etwas Neues auf den Weg zu bringen war. Beispielsweise die Beschäftigung mit dem Bologna-Prozess seit seiner Etablierung im Jahr 1999. Da musste man sich natürlich erst mal mit dem gesamten Hintergrund beschäftigen. Wie ist denn so ein Bachelor- oder Masterstudiengang zu strukturieren, was muss man beachten, wenn man diesen akkreditiert haben möchte? Was ist eigentlich Akkreditierung, wie verändert das die Studienorganisation, wie verändert das aber auch die Lehre? Das war so ein richtig großer Umbruch, wo ich dann auch ganz viel Neues gelernt habe. Ich habe zum Beispiel die Struktur einer Modulbeschreibung entwickelt. Ich habe die Prüfungsordnungen, die Studienordnungen und die Zulassungsordnungen maßgeblich mit entwickelt. Das sind Dinge, die mir Spaß gemacht haben, weil man zeigen konnte, dass man in der Lage ist, konzeptionell etwas Neues zu entwickeln und zwar auch erfolgreich. Denn unsere bisherigen Master- und Bachelorstudiengänge sind alle akkreditiert worden. Wir hatten da nie Schwierigkeiten und im Laufe der Zeit haben natürlich mehr Leute mitgezogen. Auch die erste Selbstdokumentation habe ich im Wesentlichen allein gemacht. Das waren sehr arbeitsreiche, aber auch sehr interessante Entwicklungen.
Franzine Müller: Darauf können Sie auch sehr stolz sein. An welche Ereignisse werden Sie denn besonders gerne zurückdenken?
Dr. Gert Hocke: Es war eine schöne Zeit oben in St. Afra, als Studenten, Dozenten und Verwaltung immer wieder miteinander gefeiert haben. Es gab dort oben mal eine ganz große Busparty. Da stand von der LPG-Hochschule ein alter Bus herum. Dort feierte die gesamte Verwaltung damals den 50. Geburtstag eines Rektoratsleiters. Ja, das sind Dinge, an die man sich erinnert. Es gibt eine Mitarbeiter-Radtour seit mehr als 20 Jahren, da sind früher 30 Leute mitgefahren, ein ganzes Wochenende zusammen. Auch die Betriebsausflüge haben die Truppe zusammengeschweißt. Es gab legendäre Weihnachtsfeiern. Wir haben manchmal bis früh um vier oben in der siebten Etage in Haus drei gesessen. Der leider schon verstorbene Dr. Hornoff hat über Jahre den Weihnachtsmann gespielt, es wurde selbst gekocht und jeder hat von zu Hause für das kalte Buffet etwas mitgebracht. Also: Man verstand es zu feiern.
Franzine Müller: Und was werden Sie von der HSF Meißen am meisten vermissen?
Dr. Gert Hocke: Die Kollegen, mit denen ich unmittelbar zusammengearbeitet habe. Also dieses Miteinander hier im Referat Studienangelegenheiten war immer sehr kollegial und kameradschaftlich. Es haben sich auch innerhalb des Referates private Freundschaften entwickelt, die ich natürlich auch im Ruhestand weiter pflegen werde. Aber dieses kollegiale Miteinander mit allen anderen, das wird schon fehlen. Ich werde mich nicht ganz zurückziehen. Wenn man mir Bescheid sagt, dass wieder eine Weihnachtsfeier oder ein Betriebsausflug stattfindet, dann werde ich natürlich wieder vorbeischauen.
Franzine Müller: Das ist sehr schön, da werden sich auch alle freuen. Was möchten Sie denn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch mit auf den Weg geben?
Dr. Gert Hocke: Kommunikation ist alles. Über das, was man tagtäglich tut, sollte man sich regelmäßig austauschen, damit es auch keine Missverständnisse gibt. Und wenn ich mit einem Kollegen ein Problem habe oder mit seinem Tun, dann sollte ich das nicht in mich reinfressen, sondern mit den Kollegen in Gedankenaustausch treten und herausfinden, warum manches so oder so läuft und nicht so, wie ich es vielleicht selbst machen würde. Man selbst hat ja auch nicht die Weisheit in die Wiege gelegt bekommen. Ich denke, eine kollegiale Zusammenarbeit bleibt dann erhalten, wenn man sich regelmäßig austauscht.
Franzine Müller: Und was sind Ihre Pläne und Träume für die nächsten Jahre?
Dr. Gert Hocke: Also ich habe ja Familie, meine Partnerin wohnt im Erzgebirge. Da werde ich dann mehr bei ihr sein, als es jetzt der Fall sein konnte. Wir werden aber auch nach wie vor Wochenenden in Meißen verbringen, sodass ich meinen Hauptwohnsitz in Meißen nach wie vor behalte. Ich habe drei Kinder und drei Enkel. Zwei Enkel wohnen in Leipzig, ein Enkel wohnt mit in meinem Haus. Für die habe ich dann auch mehr Zeit. Die Enkel sind zwischen zweieinhalb und fünf Jahren alt. Mit denen kann man jetzt auch schon was anfangen, da will ich mehr Zeit investieren. Es gibt zwei Grundstücke, eins in Meißen und eins im Erzgebirge, die brauchen auch Hege und Pflege. Ich will versuchen, wieder mehr Sport zu treiben. Ich könnte mir vorstellen, auch zum Badminton an die Hochschule zu kommen. Ich war bis vor kurzem, jetzt geht das aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme nicht, wenigstens einmal in der Woche joggen. Ich könnte mir vorstellen, mich bei einem Senioren-Leichtathletik-Club anzumelden, denn als Jugendlicher habe ich viel Leichtathletik betrieben. Ich werde mir jetzt ein Elektrorad kaufen, nicht um damit auf dem Elbradweg zu fahren, sondern um die 8000er des Erzgebirges alle mit dem Fahrrad zu erklimmen. Im Winter gehe ich gerne zum Langlauf, das kann ich dann öfter machen. Und ich fahre auch gerne Abfahrtsski. Da kann ich dann auch mal in der Woche auf den Fichtelberg zum Abfahrtslauf gehen.
Franzine Müller: Das sind sehr schöne Aussichten, langweilig wird Ihnen auf jeden Fall nicht!
Dr. Gert Hocke: Nein, die Befürchtung habe ich auch nicht. Und was ich auch machen will, ist mich mehr mit Freunden treffen. Es wohnen viele ehemalige Studienkollegen und ehemalige Schulkameraden im Umkreis von 20 Kilometern. Da kann ich dann auch mal mein E-Bike nehmen und zum Feierabendbier dorthin fahren. Da trinkt man halt mal zwei Bier miteinander und dann kann ich wieder nach Hause fahren. Mal schauen, was sich von den Plänen umsetzen lässt. Kollegen, die vor mir in Rente gegangen sind, sagen, eigentlich haben sie gar keine Zeit. Ich bin natürlich froher Hoffnung, dass ich die nächsten 20 Jahre noch so fit bleibe, um das alles machen zu können, was ich gerade aufgezählt habe.
Franzine Müller: Ja und das wünschen wir Ihnen auch, Gesundheit und dass Sie all Ihre Pläne und Träume so verwirklichen können, wie Sie sich das vorstellen. Danke für Ihr Engagement!